Asse

Robert Habeck: Was für eine Aufgabe!

Das ist einer der Momente, in denen Habeck bewusst wird, „was für eine Aufgabe wir mit der Entsorgung des hochradioaktiven Atommülls noch vor uns haben“.

Auf der 750-Meter-Ebene in der Schachtanlage Asse II steht die grüne Besuchergruppe mit dem schleswig-holsteinischen Umweltminister Robert Habeck keine 100 Meter vom strahlenden Müll entfernt, der hier bis 1978 eingelagert worden ist. Annette Parlitz von der Öffentlichkeitsarbeit der Asse-GmbH leuchtet mit ihrer Lampe nach oben. Dort sind deutlich sichtbar tiefe Risse in der Decke zu sehen. Schon vorher auf der 490-Meter-Ebene hatte Parlitz der Gruppe gezeigt, wie sich der Boden aufwölbt, weil das Bergwerk dem Druck des Berges ständig ausgesetzt ist. Etwa 10.000 Kubikmeter Hohlraum verliert das gesamte Bergwerk jedes Jahr wegen dieser Verformungen (Konvergenz), berichtet Parlitz. „Hier kann man das wirklich plastisch sehen“, stellt Habeck fest. „Das ist schon beeindruckender, als solche Informationen einfach nur zu lesen.“ Besonders fasziniert haben ihn die mikro-akustischen Messeinrichtungen, die überall im Bergwerk das Knacken des Salzes messen, um zu wissen, wo Stabilisierungsarbeiten wohl demnächst notwendig sein werden.

Im Vergleich zu 2009, als die Autorin mit dem damaligen Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) zuletzt im Berg unterwegs war, hat sich vieles verändert. Es sieht aufgeräumter, klarer strukturiert und besser Instand gehalten aus. Vor dem Auffangbecken auf der 658-Meter-Ebene unter der Erde, wo rund 11.500 der etwa 12.500 Liter Zutrittswässer aufgefangen werden, die täglich in das Bergwerk einsickern, schüttelt Robert Habeck den Kopf. Annette Parlitz berichtet gerade, dass weitere knapp 1.000 Liter der Lauge auf den darunter liegenden Ebenen aufgefangen werden. Pro Tag haben durchschnittlich weitere 20 Liter „auf irgendeine Weise“ Kontakt mit den radioaktiven Abfällen. Diese kontaminierten Laugen werden mit einer Sondergenehmigung zu kontaminiertem Beton verarbeitet, der im Bergwerk bleibt. Das ist deshalb erlaubt worden, weil die Radionuklide, die darin enthalten sind, keine langen Halbwertszeiten haben – und allein deshalb eine Gefährdung der Belegschaft oder der Umwelt auszuschließen ist.

Im Vortrag zuvor hat der Leiter der Infostelle Asse, Manuel Wilmanns, die Ergebnisse des Optionenvergleichs erläutert, der schließlich 2013 mit der „Lex Asse“ endgültig entschieden wurde: Die Zutrittswässer und ihr unklarer Verlauf sind der Hauptgrund, warum eine sichere Schließung der Anlage mit dem Atommüll nicht nachgewiesen werden kann. Weder ist klar, wo genau die Lauge ins Bergwerk eintritt, noch ist klar, wie die Wässer im Untergrund genau fließen. In der Vergangenheit hat sich jedoch gezeigt, dass Starkregenereignisse wie zuletzt den Lösungszutritt im Bergwerk nicht beeinflussen.

Im Berg hat Habeck auch gehört, dass die Offenhaltung und die Arbeiten für die Rückholung im Jahr rund 120 Millionen Euro kosten. Er erkundigt, sich, ob es angesichts des Inventars – knapp 70 Prozent der Abfälle stammen aus Atomkraftwerken, hat ihm Manuel Wilmanns vor der Einfahrt in seinem Vortrag gezeigt - nicht möglich sein könnte, den Energiekonzernen doch noch eine Asse-Rechnung auszustellen. Aber die Fehler der Asse sind eben trotzdem staatlich verschuldet. Das lässt sich nicht wegdiskutieren. Das ist einer der Momente, in denen Habeck bewusst wird, „was für eine Aufgabe wir mit der Entsorgung des hochradioaktiven Atommülls noch vor uns haben“.

Am Ende des Besuchs zeigt er sich beeindruckt von der Professionalität der Mitarbeiter der Asse-GmbH und der offenen Gesprächsatmosphäre in der Infostelle Asse. Genau das loben auch die örtlichen Grünen. Denn einer der Besucher erinnert sich noch genau, dass er vor mehr als zehn Jahren noch daran gehindert worden war, zu sehen, wo die Lauge im Bergwerk aufgefangen wird. „Das wurde geheim gehalten.“ Die Zeiten sind offensichtlich vorbei.

Robert Habeck (rechts) an der Hauptauffangstelle auf der 658-Meter-Ebene.

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