Neue Arbeitsstände und neue Funktionen im Endlagersuche Navigator: Das waren neben dem methodischen Vorgehen der BGE in den repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU) die Themen der Informationsveranstaltung „Betrifft: Standortauswahl“ am 3. November. Fast 600 Interessierte – die meisten davon bereits mit Vorwissen – nahmen über Zoom oder YouTube an dem Online-Format teil und stellten im Anschluss an die Präsentationen der BGE ihre Fragen.
„Die Karte ist seit letztem Jahr bunter geworden“ – mit diesen Worten eröffnete Iris Graffunder, Vorsitzende der Geschäftsführung der BGE, die auf zwei Stunden angesetzte Informationsveranstaltung. Graffunder betonte, dass bei der Einengung der für ein Endlager infrage kommenden Gebiete große Fortschritte erzielt wurden.
Standortregionenvorschlag bis Ende 2027
Im Anschluss ordnete Sönke Reiche, Abteilungsleiter Standortsuche, zunächst die Veröffentlichung des aktuellen Arbeitsstands in den größeren Kontext des Standortauswahlverfahrens ein. Während im Schritt 1 der Phase I 90 Teilgebiete ermittelt wurden (Veröffentlichung: September 2020), sei Ziel des nun laufenden Schritts 2, geeignete Standortregionen für die übertägige Erkundung zu ermitteln. Bei diesem fortlaufenden Einengungsprozess wolle die BGE die Öffentlichkeit „durch die Veröffentlichung der Arbeitsstände jedes Jahr mitnehmen, damit der Standortregionenvorschlag eben keine Überraschung wird“, so Reiche. Der Vorschlag wird Ende 2027 von der BGE an das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) übermittelt werden. Auf dessen Prüfung des Vorschlags und die Beteiligung der Öffentlichkeit folgt eine Parlamentsabstimmung als Abschluss von Phase I. Erst danach, also in Phase II, würde die BGE übertägige Erkundungen vornehmen.
Anschließend erläuterte Reiche die aktuell laufenden „repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen“ (rvSU), die er als „wichtigstes Werkzeug“ bei der systematischen Bewertung der Teilgebiete bezeichnete. Er verglich sie dabei mit einem Hürdenlauf: Die Hürden entsprächen den Prüfschritten und seien von Prüfschritt zu Prüfschritt höher, also schwieriger zu erfüllen. Mit dem Hürdenlauf entsteht die Kategorisierung von Gebieten:
- Unter Kategorie D fallen jene Flächen der Teilgebiete, die Prüfschritt 1 nicht bestehen – sie sind im Endlagersuche Navigator orange gekennzeichnet und aus Sicht der BGE als Endlagerstandort ungeeignet.
- Gelb sind Flächen der Kategorie C. Sie haben den Prüfschritt 2 nicht bestanden und gelten daher als gering geeignet.
- Grau sind Flächen, die noch mitten in den Prüfschritten 1 oder 2 stecken. Sie werden weiterbearbeitet und können noch in jede der Kategorien D bis A eingeordnet werden.
- Türkis als neue Farbe im Navigator weise all die Flächen aus, welche die Prüfschritte 1 und 2 bereits weitgehend bestanden hätten und nun im Rahmen der Prüfschritte 3 und 4 weiterbearbeitet werden. Im vergangenen Jahr waren auch Flächen dieser Art noch grau eingefärbt. Mit der Differenzierung sei die BGE einem Wunsch der Öffentlichkeit nachgekommen.
Ebenfalls neu sind schraffierte Flächen: Sie zeigen Gebiete an, die im Zwischenbericht Teilgebiete nicht als Teilgebiet ausgewiesen worden waren, aufgrund neuer Datengrundlagen oder der Korrektur von Bearbeitungsfehlern nun aber doch von der BGE geprüft werden. Diese sogenannten Gebietserweiterungen machen insgesamt ein Prozent der Gesamtfläche aller Teilgebiete aus. Bereits 75 Prozent der Gebietserweiterungen seien inzwischen in die Kategorien D oder C eingestuft. Neben den rvSU spielen, so Reiche, noch geowissenschaftliche Abwägungskriterien und planungswissenschaftliche Abwägungskriterien eine Rolle. Letztere adressieren Nutzungskonflikte und kämen nur zum Einsatz, wenn die Kriterien, die die Sicherheit des Endlagers adressierten, keine weitere Eingrenzung ermöglichten.
Der Arbeitsstand in Zahlen
Von den insgesamt 90 Teilgebieten sind bereits 25 vollständig bearbeitet und weitere 11 in Teilen kategorisiert. 53 Prozent der Fläche aller Teilgebiete haben bereits Prüfschritt 1 oder 2 nicht bestanden. Sie sind damit in die Kategorien D oder C eingeordnet worden und werden von der BGE nicht weiter bearbeitet. Drei Prozent der Teilgebietsflächen haben die Prüfschritte 1 und 2 der rvSU weitgehend bestanden. 44 Prozent der Teilgebietsflächen stecken noch mitten in den Prüfschritten 1 und 2. Aufgeschlüsselt nach Wirtsgesteinen zeigt sich ein differenziertes Bild: Bei kristallinem Wirtsgestein konnten bereits rund 95 Prozent der Flächen als ungeeignet beziehungsweise gering geeignet kategorisiert werden, bei Steinsalz in flacher Lagerung rund 50 Prozent. Bei Tongestein wurden bisher etwa 30 Prozent der Flächen als ungeeignet beziehungsweise gering geeignet kategorisiert und bei Steinsalz in steiler Lagerung etwa 18 Prozent. Die Unterschiede erklären sich aus der Bearbeitungsreihenfolge der Teilgebiete, die sich aus projektplanerischen Gesichtspunkten wie zeitlicher Datenverfügbarkeit und -menge sowie effizienter Ressourcenallokation ergab.
Abschließend gab Reiche noch einen Ausblick auf den Zeitplan der BGE. Er betonte, dass bis Sommer 2026 die Prüfschritte 1 und 2 für alle Teilgebiete und Wirtsgesteinsformationen abgeschlossen werden sollen. Dann werde ein neuer Arbeitsstand veröffentlicht, ebenso voraussichtlich im Frühjahr 2027.
Der Endlagersuche Navigator (LINK) wurde von Diana Hermann, Gruppenleiterin Geodatenmanagement, mit einer Live-Demonstration vorgestellt. Hermann zeigte beispielsweise, wie der Navigator Informationen zu sich überlagernden Wirtsgesteinsschichten anzeigt. Die kontinuierliche Weiterentwicklung des Navigators wird auch in den neuen türkisfarbenen Flächen sowie in den schraffiert dargestellten Gebietserweiterungen deutlich. Ebenfalls neu sind Filtermöglichkeiten nach Teilgebieten und Wirtsgesteinstypen – eine Funktion, die sich über das Filtersymbol bei den Kartenebenen aktivieren lässt.
Die anschließende Diskussionsrunde eröffneten einige Fragen zu spezifischen Teilgebieten. Mehrere Teilnehmer*innen interessierten sich außerdem für die Geodaten des Arbeitsstandes. Diana Hermann gab dazu bekannt, dass die BGE eine Bereitstellung über einen Webdienst wie WMS prüfe. Die Fragen der Teilnehmenden waren so zahlreich, dass die Veranstaltung erst um 20:15 Uhr endete. Prisca Biermann, Leitung Öffentlichkeitsarbeit Standortauswahl, die die Veranstaltung moderierte, verwies in diesem Zusammenhang auf das Angebot der BGE: Fragen zum Standortauswahlverfahren können auch an dialog(at)bge.de geschickt werden.
Das Forum Endlagersuche am 21. und 22. November in Hannover
Für grundlegendere Fragen zur Endlagersuche verwies sie zudem auf das 4. Forum Endlagersuche am 21. und 22. November in Hannover. Das Forum bietet die Möglichkeit, sich vor Ort im Hannover Congress Centrum (HCC) oder digital intensiv über die Arbeitsstände zu informieren und diese mit der BGE zu diskutieren. Programm und Anmeldung finden Sie auf der Website des Forums Endlagersuche (externer Link).