
Streckenabdichtungen im Endlager Morsleben
Tiefengeologische Endlagerung ist nach aktuellem Forschungsstand die sicherste Methode, radioaktive Abfälle zu lagern. Die Abfälle sollen an ihrem Lagerort isoliert werden, um Mensch und Umwelt zu schützen. Dafür müssen die Endlagerbergwerke und ihre Zugänge dauerhaft verschlossen werden. Das Gebirge wirkt dabei als geologische Barriere und wird durch bauliche Maßnahmen, sogenannte geotechnische Barrieren, ergänzt.
Auf dieser Seite
- Streckenabdichtung und Stilllegung
- Streckenabdichtung im Anhydrit
- Das Demonstrationsbauwerk DeSpriBi
- Das Demonstrationsbauwerk MASTRIS
- Bildergalerie Messtechnik
- Bildergalerie Baustoffe
Die baulichen Maßnahmen für die Stilllegung des Endlagers Morsleben umfassen die Errichtung von Streckenabdichtungen, die Verfüllung der Hohlräume sowie den Verschluss der Schächte. Für den Verschluss der Schächte mit vertikalen Dichtelementen aus Ton, Schotter und Bitumen wurde die Machbarkeit bereits nachgewiesen. Die erfolgreichen Stabilisierungsmaßnahmen im Zentralteil sind der technische Nachweis dafür, dass die geplante Verfüllung von Hohlräumen machbar ist.
Streckenabdichtung und Stilllegung
Das Ministerium für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt Sachsen-Anhalt (MWU) (externer Link) ist die Genehmigungsbehörde für die Stilllegung des Endlagers Morsleben. Die BGE muss die Machbarkeit und Wirksamkeit der Streckenabdichtungen gegenüber dem MWU belegen. Die Unterlagen der Genehmigungsplanung befinden sich aktuell in der Überarbeitung. Dazu gehört die Planung zum Bau der Streckenabdichtungen. Diese Abdichtungen haben die Aufgabe, im Zusammenwirken mit dem Gebirge ein System mehrerer Barrieren um die Einlagerungsbereiche zu bilden. Die Wirksamkeit der Streckenabdichtungen ist gegeben, wenn die Bauwerke die Ausbreitung von Schadstoffen in die Biosphäre verhindern. Dabei müssen ungewisse Entwicklungen ebenso berücksichtigt werden.
Aufzeichnung "Betrifft: Morsleben | Umgang mit Ungewissheiten bei der Sicherheitsbewertung"

Der Bau der Streckenabdichtungen unterliegt den atom- und bergrechtlichen Sicherheitsbestimmungen. Um die Machbarkeit zu belegen, werden Demonstrationsbauwerke zur Streckenabdichtung im Maßstab 1:1 unter realen Bedingungen errichtet. Für die Stilllegung des Endlagers Morsleben sind 25 Streckenabdichtungen geplant. Diese werden in ehemaligen Zugangsstrecken zu den Einlagerungsbereichen platziert und dienen auch zur Abtrennung von Teilen der Grube Marie. Marie gehört zwar nicht im engeren Sinn zum Endlagerbergwerk, ist mit ihm aber über verschiedene Strecken verbunden.
Aufgrund der geologischen Struktur in Morsleben werden für die Stilllegung Streckenabdichtungen in zwei Gesteinsarten errichtet: 24 entstehen im Steinsalz und eine im Anhydrit. Daher müssen für beide Gesteinsarten Demonstrationsbauwerke zum Nachweis der Machbarkeit und Wirksamkeit errichtet werden.
Weitere Informationen zur Grube Marie finden Sie hier:
Streckenabdichtung im Anhydrit
Das Demonstrationsbauwerk zur Streckenabdichtung im Anhydrit wurde im Oktober 2024 in Morsleben fertiggestellt. Das 25 Meter lange Bauwerk befindet sich an einem Standort in 360 Metern Tiefe auf der 3. Ebene (Sohle) in einer geeigneten Strecke im Hauptanhydrit.
Für den Bau bildet ein Magnesiabaustoff die Grundlage. In ähnlicher Rezeptur wird der Baustoff bereits erfolgreich für die Stabilisierung der Schachtanlage Asse II verwendet. Er enthält unter anderem Magnesiumoxid und eine gesättigte Magnesiumchloridlösung. Dieser Magnesiabaustoff wurde an die besonderen Ansprüche im Endlager Morsleben angepasst. Er muss lange fließfähig bleiben, da er über längere Strecken gepumpt wird. Außerdem muss das Material lange homogen bleiben – es dürfen sich keine schweren Bestandteile im Baustoff absetzen.
427 Kubikmeter Magnesiabaustoff sind für den Bau des Demonstrationsbauwerks hergestellt worden. Durchschnittlich fünf Kubikmeter pro Stunde kann die Baustoffanlage im so genannten Nass-in-Nass-Verfahren pumpen. Beim Aushärten des Magnesiabaustoffs kommt es durch chemische Reaktionen zu einer Temperatur von bis zu 100 Grad Celsius im Baustoff. Nach Ende dieser Prozesse und der Abkühlung des Bauwerks wird mit der Nacherkundung begonnen.
Das Konzept der Verfüllung und die Hintergründe werden ausführlich im Themenschwerpunkt „Stabilität“ erläutert.
Nacherkundung
Das Bauwerk wird durch die Abteilungen Geowissenschaften sowie Geoinformation überwacht. Sie haben den Streckenabschnitt für das Demonstrationsbauwerk zu Beginn des Jahres 2024 mit 270 Sensoren ausgestattet. Diese liefern Daten für die Beschreibung der Eigenschaften des Bauwerks im Großmaßstab. Im Genehmigungsverfahren sind sie die Grundlage für die Prognosen zur Wirkung und zum Langzeitverhalten einer Abdichtung im Anhydrit.
Demonstrationsbauwerk DeSpriBi
Im Dezember 2021 startete die BGE den Forschungsaufruf für ein Demonstrationsbauwerk zur Streckenabdichtung aus Magnesiabaustoff als Spritzbeton und Bitumen, kurz: DeSpriBi. Mit diesem Bauwerk entwickelt die BGE Bauwerkskomponenten aus Magnesiumoxidspritzbeton und Bitumen, um die langzeitsichere Abdichtung von Strecken im Anhydrit zu optimieren. Das DeSpriBi wird in einer Anhydritstrecke in einem Salzbergwerk in Bernburg errichtet.
Das Bauwerk hat eine Gesamtlänge von zehn Metern. Der Baustoff wird in rund zehn Zentimeter dicken Lagen aufgetragen. Für jede Lage werden fünf Tonnen Baustoff verwendet. In einem Abstand von etwa 1,5 Metern sind umlaufende Schlitze in das Gebirge geritzt worden. Darin werden Injektionsschläuche eingesetzt. Über diese wird die Kontaktzone zwischen Baukörper und Gebirge mit Baustoff versiegelt. Die Konstruktion bezeichnet man als Bitumenschott.
Das Bauwerk wird mit weiteren Schichten aus Spritzbeton und Injektionsmaßnahmen bis zum Erreichen seiner Gesamtlänge fertiggestellt.
Funktionsweise
Durch die Anwendung der verschiedenen Baustoffe soll eine Abdichtung mit sich ergänzenden Komponenten geschaffen werden. Der Spritzbeton übernimmt die Aufgabe, den Streckenquerschnitt abzudichten. Bitumen versiegelt die Kontaktfuge zum umgebenden Gebirge und verschließt mögliche Zutrittswege für Lösungen.
Die gewonnenen Erkenntnisse der Untersuchungen – insbesondere die erreichten mechanischen und hydraulischen Eigenschaften – fließen in die Planunterlagen für die Stilllegung des Endlagers Morsleben ein.
Demonstrationsbauwerk MASTRIS
Hinter dem Akronym MASTRIS verbirgt sich das Demonstrationsbauwerk als Magnesiumoxid Streckenverschluss im Steinsalz. Das Bauwerk wird aus Magnesiabaustoff gebaut und analog zum Demonstrationsbauwerk im Anhydrit in Morsleben errichtet.
Das Demonstrationsbauwerk MASTRIS wird rund dreißig Meter lang sein und wird in einem Kalibergwerk in Sondershausen errichtet. Zur Vorbereitung wird ein Streckenstummel, eine Art Sackgasse, im Gebirge neu aufgefahren und vorbereitet. Zur Herstellung des Hohlraums wird eine so genannte Teilschnittmaschine eingesetzt, bei der das Salzgestein mit einem Fräskopf „schneidend“ entfernt wird. Um eine geeignete Oberfläche zu erhalten, wird entlang der gesamten Kontur ein Feinschnitt durchgeführt. Dazu wird ein Fräskopf verwendet, der mit rund 120 Meißeln ausgestattet ist – nahezu doppelt so viele wie sonst üblich. Durch diese Maßnahme wird die mechanisch bedingte Auflockerung an der Oberfläche begrenzt und die sensible Kontaktzone verringert.
Nach Abschluss der Vorbereitungen werden die Bauwerksstrecke und das umgebende Gebirge mit Messtechnik wie Druckkissen, Betondehnungsaufnehmern, Temperaturfühlern und Mikroakustiksensoren ausgestattet werden. Weitere Informationen zu diesem Thema erhalten Sie in folgenden Monatsberichten:
Funktionsweise
An der Stirnseite wird abschließend eine rund fünf Meter dicke Wand, ein so genanntes Widerlager, errichtet. Das Widerlager wird, wie das Demonstrationsbauwerk, aus Magnesiumoxid gebaut. Der Versuchsstandort ist dann von allen Seiten dicht abgeschlossen. Für die Betonierung wird der Baustoff von der Stirnseite am höchsten Punkt des Hohlraums zwischen Gebirge und Widerlager gepumpt.
Der Magnesiabaustoff vergrößert aufgrund von chemischen Umwandlungsprozessen beim Erhärten sein Volumen. Damit ist zu erwarten, dass die Schrumpfung (Kontraktion) des Bauwerks in Folge der Abkühlung kompensiert wird. Auf Grund seiner mechanischen Eigenschaften „kriecht“ das umgebene Salz immer enger an das Bauwerk heran und verdichtet somit innerhalb weniger Jahrzehnte die Kontaktzone. Die Konstruktion wird in der Folge immer kompakter und verhindert so den Durchfluss von gegebenenfalls in das Bergwerk eindringenden Flüssigkeiten.
Die Daten der eingebrachten Messtechnik und der Untersuchungen der Dichtheit ergeben ein Gesamtbild, mit dem die BGE die bautechnische Umsetzbarkeit belegt und so die Eingangsparameter für die Langzeitsicherheitsbewertung ermittelt.