Endlager Morsleben

BGE informiert auf Fachtagung über das Abdichtbauwerk im Anhydrit

Umweltgruppen diskutieren mit dem Umweltministerium des Landes, als Genehmigungsbehörde, Experten und der BGE als Betreiber über die Perspektiven für die Stilllegung des Endlagers Morsleben.

Am Samstag, den 18. Mai 2019 luden BUND Sachsen-Anhalt und BI Morsleben zum Fachforum „ERAM - Sichere Stilllegung schnellstmöglich“ (ERAM ist die Abkürzung für Endlager für radioaktive Abfälle Morsleben) ein. Neben dem Umweltministerium des Landes Sachsen-Anhalt (MULE) und der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) waren auch die Experten Dr. Michael Mehnert und der Jurist Dr. Ulrich Wollenteit der Einladung nach Magdeburg gefolgt. In den Vorträgen ging es überwiegend um die aus Sicht der Umweltgruppen offen Punkte sowie die Frage nach einer Beschleunigung der Stilllegung des Endlagers Morsleben. Die BGE legte den Fokus auf Wunsch des Gastgebers auf den Stand der Planungen für das Abdichtungsbauwerk im Anhydrit.

„ERAM – Sichere Stilllegung schnellstmöglich“ – das wurde diskutiert

Nach der Begrüßung durch Oliver Wendenkampf als Vertreter des BUND Sachsen-Anhalt als Gastgeber erläuterte zunächst Andreas Fox von der BI Morsleben die Probleme bei der Stilllegung des Endlagers Morsleben aus Sicht der Umweltgruppen. Zentrale Kritikpunkte seien der geringe Fortschritt, der seit der Eröffnung des Genehmigungsverfahrens erreicht worden sei, sowie die geplante Endlagerung von bisher nur zwischengelagerten Anfällen.

Bereichsleiter Matthias Ranft, bei der BGE verantwortlich für das Gesamtprojekt, erläuterte in seinem Vortrag (Download als PDF) anschließend die Hintergründe des Verfahrens, die hohen Anforderungen an eine Genehmigung und den bisherigen Zeitverlauf. Dabei beschrieb Ranft anschaulich das Zustandekommen und die Auswirkungen von diversen Änderungen von Genehmigungsanforderungen für die Stilllegungsplanungen des Betreibers und das Stilllegungskonzept selbst. Dr. Antje Carstensen, verantwortlich für die Planung der Abdichtungsbauwerke im Stilllegungskonzept, erklärte in ihrem Vortrag (Download als PDF) im Anschluss die Planung einer Abdichtung im Anhydrit als eine wichtige technische Komponente für die Stilllegung des Endlagers Morsleben (siehe unten).

Dr. Uwe Höpfner zeigte aus Perspektive der Genehmigungsbehörde, wie im Rahmen der Prüfungen der Stilllegungsplanungen mit fachlich offenen Punkten umgegangen wird. Zentral sei hierbei ein Gleichgewicht im Spannungsverhältnis zwischen gewissenhafter Prüfung und dem Verfahrensfortschritt. Im Zentrum stehe dabei die Erfüllung der vom gesetzgeben definierten Genehmigungsanforderung des Nachweises der erforderlichen Schadensvorsorge nach Stand von Wissenschaft und Technik wie sie in Paragraph 7, Absatz 2 des Atomgesetzes benannt sind. Richtlinien und Empfehlungen des Bundesumweltministeriums und seiner Beratungsgremien detaillieren diese Anforderung:

Als nächster Redner legte Dr. Michael Mehnert, Mitglied des BUND, den Fokus auf den Umgang mit Ungewissheiten. Seine zentrale Forderung lautete, eine multidiziplinäre Sichtweise bei der Stilllegung des Endlagers einzunehmen, anstatt ausschließlich die technische und verfahrenszentrierte Sichtweise zu berücksichtigen. Dabei sollten gesellschaftswissenschaftliche Positionen ebenso berücksichtigt werden wie die Perspektive von Laien.

Abschließend stellte Dr. Ulricht Wollenteit Varianten vor, rechtliches Beschleunigungspotenzial für die Stilllegung des Endlagers Morsleben zu nutzen.  Die insgesamt eher skeptische Einschätzung wurde in der abschließenden Diskussion zu diesem Thema sowohl durch Genehmigungsbehörde wie auch Betreiber geteilt. Beide sehen nur wenig Potenzial, Maßnahmen im Genehmigungsverfahren vorzuziehen, da man das Endlager immer als Gesamtsystem betrachten müsse, bei dem sich jede Einzelmaßnahme auf alle anderen auswirke.

Abdichtung auch im Anhydrit wichtig um radioaktive Stoffe im Ostfeld einzuschließen

Dr. Antje Carstensen erläuterte, wie wichtig die Abdichtung im Anhydrit sei, um den Einlagerungsbereich Ostfeld vom Rest der Grube zu trennen. Damit solle das übergeordnete Ziel der Stilllegung, der dauerhafte Einschluss der radioaktiven Stoffe im Endlager (Isolation) umgesetzt werden. Dabei gehe es nicht nur um die Einhaltung gesetzlicher Grenzwerte, sondern die Optimierung dieser durch ein Zusammenspiel unterschiedlicher Stilllegungsmaßnahmen .

Der Einlagerungsbereich im Ostfeld sei zwar nur durch zwei Strecken auf der 4. und der 2. Ebene (Sohle) mit dem Rest der Grube verbunden und sollte somit einfach abzudichten sein. Doch die Herausforderung liege im Detail.

Anhydrit als Herausforderung

Die Strecke auf der 4. Ebene befindet sich zum Großteil im Anhydrit. Ein Gestein, das im Gegensatz zum kriechfähigen Salz wie ein spröder aber massiver Fels erscheint. Bei den geologischen Bewegungen, die zur Auffaltung der Salzgesteine geführt haben sind in diesem Gestein Risse entstanden. Sie sind zum Teil noch offen und stellen mögliche Fließwege für Wasser dar. Die fachliche Herausforderung besteht darin, ein Abdichtbauwerk im Anhydrit zu errichten, dass nicht durch das langsam aufkriechende Salz immer dichter wird sondern das auch in diesem spröden und von Rissen durchzogenen (geklüfteten) Gestein funktioniert. Das Bauwerk muss im schwierigsten Fall – und dieser wird betrachtet - einen Druck aushalten, der in rund 500 Metern Tiefe des Meeres herrscht (5 Mega-Pascal), und dabei auch noch mindestens für 20.000 Jahre planungsgemäß funktionieren. Dies muss die BGE der Genehmigungsbehörde nachweisen um einen optimalen Einschluss der radioaktiven Stoffe im Endlager zu gewährleisten.

Planungsansätze für die Abdichtung im Anhydrit

Ein erster Großversuch, der im Jahr 2011 in einem Bergwerk in Bleicherode stattgefunden hat, erbrachte wichtige Erfahrungen, zeigte aber auch,  dass die ursprüngliche Idee eines dauerhaft aufquellenden Verfüllmaterials nicht realisierbar war. Labor- und Technikumsversuche, die dafür da sind, in kleinerem Maßstab Erkenntnisse zu gewinnen, waren im Vorfeld vielversprechend verlaufen. Im Großversuch zeigte sich dann aber, dass der Baustoff den Quelldruck nicht dauerhaft erhält. Dies hätte er aber für dieses geplante Bauwerkskonzept tun müssen, um die Versuchsstrecke abzudichten.

Inzwischen haben die Verantwortlichen viel dazugelernt: Zum einen hat sich die Kenntnis über Betonbaustoffe – auch durch die Verwendung von Spritzbeton auf Magnesiumbasis, so genannten Sorelbeton, auch durch Arbeiten in der Asse – deutlich weiterentwickelt. Bereichsleiter Matthias Ranft wies zudem darauf hin, dass dieses mal mehrere Planungsansätze zugleich verfolgt würden, um Terminrisiken für die Entwicklung einer Abdichtung im Anhydrit zu minimieren: Zum einen soll der Baustoff, ähnlich dem Verfahren beim Gießen eines Fundamentes, eingebracht werden, zum anderen als sogenannter Spritzbeton. Darüber hinaus werden auch Kombinationen mit anderen Baustoffen wie zum Beispiel Bitumen zur Abdichtung untersucht. Ziel der BGE ist es, den Nachweis für die Funktionalität der Streckenabdichtung im Anhydrit bis zum Jahr 2025 zu erbringen.

Dialog mit Umweltgruppen sowie Bürgerinnen und Bürgern

Die BGE ist der Einladung von BUND und BI Morsleben gerne gefolgt. In einem weiteren Schritt wird die Auswertung der Diskussion auf fachlicher Ebene folgen. Die Veranstalter selbst haben bereits angekündigt, ein ähnliches Veranstaltungsformat in einem Jahr zu wiederholen.

Am Donnerstag, den 6. Juni lädt die BGE außerdem zu einer Betrifft: Morsleben in die Infostelle Morsleben ein. Dort wird Dr. Antje Carstensen ab 17:30 Uhr die Abdichtungen im Anhydrit für das Publikum erklären.

Grafik: Grafik: 	Die Grafik zeigt, wo das Abdichtbauwerk (blaue Zylinder) im Anhydrit geplant ist. Rot dargestellt ist der Einlagerungsbereich Ostfeld.

Die Grafik zeigt, wo das Abdichtbauwerk (blauer Zylinder) im Anhydrit geplant ist. Rot dargestellt ist der Einlagerungsbereich Ostfeld.

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