Bergbauliche Gefahrenabwehr im Zentralteil

Am 30. November 2001 um 12:03 Uhr erschüttert das Endlager Morsleben die nähere Umgebung. Was ist passiert?

Um eine Warnschießanlage sicher außer Betrieb nehmen zu können, war eine letzte Sprengung mit zehn Kilogramm Sprengstoff notwendig. Die Warnschießanlage alarmierte in der Vergangenheit die Grubenbelegschaft im Notfall. Bei der Sprengung fallen rund 4.000 Tonnen Salz von der Decke, bergmännisch Firste genannt, auf den Boden einer alten, abgesperrten Abbaukammer. Die Erschütterungen sind bis in die Häuser von Morsleben zu spüren.

Für Fachleute kam das Ereignis nicht überraschend. Die geomechanischen Schwächen im Zentralteil der Grube waren bekannt und befanden sich unter ständiger Beobachtung. Fachleute diskutierten bereits über Pläne zur Stabilisierung.

Das zuständige Bergamt erteilte eine Auflage zum schnellen Handeln, um den Zentralteil des Endlagers zu stabilisieren. Daraus entstand die Maßnahme „bergbauliche Gefahrenabwehr im Zentralteil“, die für die folgenden Jahre das Betriebsgeschehen maßgeblich bestimmte und veränderte.

Mit Salzbeton und Pumpen

Im Bergbau gibt es verschiedene Möglichkeiten, Hohlräume zwecks Stabilisierung zu verfüllen. Um eine schnelle Umsetzung der Maßnahme und damit eine frühzeitige Tragwirkung zu ermöglichen, entschieden sich die Expert*innen für das Einbringen eines pumpfähigen, selbstabbindenden Baustoffs. Der eingebrachte Spezialbeton besteht aus Steinsalz, Zement, Steinkohlenfilterasche, Kalksteinmehl, etwas Sand und Wasser. Wegen des Hauptzuschlagstoffs Steinsalz wird der Baustoff auch „Salzbeton“ genannt.

Um den Salzbeton in den notwendigen Mengen in die Grube Bartensleben einbringen zu können, war ein großes Infrastrukturprogramm zur Erschließung der 1. bis 3. Ebene notwendig. Bis dahin war die Grube nur auf der 4. Ebene infrastrukturell sehr gut erschlossen: Bis 1969 wurden von dieser Ebene aus die Salze nach über Tage gefördert, später wurde die Ebene für die Endlagerung genutzt. 

Insgesamt wurden über 1.000 Meter vorhandene Grubenstrecke von einem kleinen, nur zu Fuß passierbaren Querschnitt, auf eine fahrzeugtaugliche Größe erweitert. 1.250 Meter Strecke mussten komplett neu hergestellt werden. Zwei dieser Strecken, so genannte Flachen, verbinden mehrere Ebenen miteinander, sodass man heute mit Fahrzeugen über alle Ebenen fahren kann. 

Ein weiterer Schwerpunkt des Infrastrukturprogramms war die Anlagentechnik für den Pumpbetrieb. Pumpen, Rohrleitungen und Armaturen wurden über Tage sowie unter Tage installiert. 

Vor Beginn der Verfüllung wurden die entsprechenden Abbaukammern vorbereitet. Alle Zugänge waren dicht zu verschließen, schließlich sollte sich der Salzbeton nicht unkontrolliert in der Grube verteilen. Gezielte Verfüllbohrungen, die eine Herausforderung für die Markscheider*innen und Bergleute waren , schlossen die Vorbereitungen ab. Sie mussten so gesetzt werden, dass mindestens 70 Prozent der Deckenfläche der Abbaukammer eine Verbindung zum Salzbeton hatte. Dies war notwendig, um die bestmögliche Stabilisierung zu erreichen.

Im September 2003, weniger als zwei Jahre nach dem Abbruch der 4.000 Tonnen Gestein im Zentralteil, begannen die Bergleute mit dem Verfüllen der ersten Abbaukammer, dem Abbau 1a auf der 3. Ebene. Nach einem halben Jahr war der Abbau mit 26.165 Kubikmetern Salzbeton gefüllt. 

Bis Februar 2011 folgten weitere 26 Abbaukammern. Insgesamt wurden so rund 935.000 Kubikmeter Salzbeton eingebracht. Dieser Menge stand das vorher berechnete Volumen der 27 Abbaukammern von 935.119 Kubikmeter gegenüber. Der Grad der Verfüllung liegt damit bei über 99 Prozent.

Die Arbeiten stellten eine enorme ingenieurtechnische und bergmännische Leistung dar, mit der zahlreiche Erfahrungen im Umgang mit dem Baustoff Salzbeton gesammelt werden konnten. Diese Erfahrungen stellen zugleich technischen Nachweis dar, dass die geplanten Hohlraumverfüllungen im Rahmen der Stilllegung machbar sind (siehe Veränderung unerwünscht: Stabilisierungsmaßnahmen zur Stilllegung). 

Die begleitende geotechnische Betriebsüberwachung hat belegt, dass das Ziel der Stabilisierung des Zentralteils der Grube Bartensleben erreicht wurde und das Endlager Morsleben sicher betrieben und stillgelegt werden kann. 

Rund 4.000 Tonnen Salz haben sich aus der Decke einer Abbaukammer gelöst und sind zu Boden gefallen.

 

Zur Förderung von Salzbeton wurde eine ortsfeste Pumpenanlage außerhalb des Betriebsgeländes installiert.

 

Arbeiter verlegen eine Steigleitung für den Transport von Salzbeton in der Röhre von Schacht Bartensleben.

 

Über präzise Bohrungen wurden die Rohrleitungen für die Verfüllung an den höchsten Punkten der Abbaukammern eingehängt.

 


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