Endlagersuche

Wie aus 90 Teilgebieten die besten Standortregionen werden

Bis 2027 will die BGE ihren Standortregionenvorschlag vorlegen. Dort soll in der Phase II der Endlagersuche von über Tage erkundet werden.

Wie die Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE) 90 Teilgebiete auf 54 Prozent der Landesfläche zu wenigen Standortregionen zur übertägigen Erkundung eingrenzen will, hat sie nun in einem Bericht (PDF, 11,4 MB) vorgelegt. Der Titel „Vorgehen zur Ermittlung von Standortregionen aus den Teilgebieten“ beschreibt, was in dem Bericht zu erwarten ist. Für die eiligeren Leser*innen hat die BGE zudem eine Kurzfassung (PDF, 816 KB) vorlegt.

Am Montag, 9. Oktober 2023 haben die BGE-Fachleute ihr Vorgehen in einer digitalen Veranstaltung der Reihe „Betrifft: Standortauswahl“ erläutert – und eine Lesehilfe für das Dokument gegeben. Rund 80 Gäste verfolgten die Veranstaltung direkt in der Videokonferenz, weitere rund 50 Teilnehmende haben sich die Live-Übertragung im Internet angeschaut. Hier finden Sie die Aufzeichnung auf YouTube (externer Link). Die Veranstaltung dient der Vorbereitung der Diskussionen über das Dokument beim 2. Forum Endlagersuche, das am 17. und 18. November 2023 in Halle an der Saale stattfindet (externer Link). Das Forum Endlagersuche ist das zentrale Beteiligungsformat der Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Atommüll in Deutschland. Lisa Seidel, Bereichsleiterin des Bereichs Standortauswahl sagt: „Die Beschreibung des Gesamtvorgehens bis zum Standortregionenvorschlag soll der Fachöffentlichkeit und der interessierten Öffentlichkeit die Orientierung im Verfahren erleichtern. Diese bildet die Basis für unsere weiteren Arbeiten. Wir freuen uns auf die Diskussion beim Forum Endlagersuche.“

    Wie grenzt die BGE die Gebiete ein?

    Das zentrale Instrument zur Eingrenzung der Teilgebiete zu Standortregionen sind die sogenannten repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen (rvSU). Die BGE hat diese ersten Sicherheitsbewertungen in vier Prüfschritte übersetzt, mit denen sie nun alle Untersuchungsräume bewertet. Ein Untersuchungsraum deckt ein Teilgebiet vollständig ab.

    Die Strategie der Prüfschritte hat die BGE bereits im Frühjahr 2022 zur Diskussion gestellt. Gebiete, die Prüfschritt 1 überstehen, werden weiter bearbeitet. Wobei nur die Gebiete noch einmal auf die Einhaltung der Mindestanforderungen oder das Vorliegen von Ausschlussgebieten überprüft werden, bei denen es neue Hinweise dazu gibt. Gebiete, die hier durchfallen werden in die Kategorie D (ungeeignet) eingeordnet.

    Überstehen die Gebiete auch den Prüfschritt 2, bei dem es vor allem darum geht, die Eignung als möglicher Endlagerstandort qualitativ zu überprüfen, geht es in den dritten Prüfschritt. Bei der qualitativen Prüfung wird beispielsweise ermittelt, in welcher Qualität ein Wirtsgestein vorliegt: Ist es sehr einheitlich und ungestört, oder sind seine Eigenschaften variabel und schwer vorhersagbar? Wird das Wirtsgestein über den Nachweiszeitraum von einer Million Jahre seine Eigenschaften behalten oder ist es absehbar, dass Prozesse diese verändern könnten, wie z.B. Erosion?

    Beim Prüfschritt 3 wird das Kriterium des Massen- und Stoffmengenaustrags überprüft. Dafür können auch numerische Simulationen durchgeführt werden, für die bereits ein Algorithmus entwickelt wurde (externer Link). Gebiete, die Prüfschritt 2 oder 3 nicht überstehen, werden in die Kategorie C eingeordnet. Das bedeutet, sie sind gering geeignet bis ungeeignet.

    Prüfschritt 4, der dann schon sehr detailliert auf die Gebiete blickt, wird in einen Teilprüfschritt 4a und einen weiteren Teilprüfschritt 4b aufgeteilt. Denn hier geht es darum, prinzipiell geeignete Gebiete von den bestgeeigneten Gebieten zu unterscheiden. Der Teilprüfschritt 4a grenzt die Gebiete, in denen ein sicherer Einschluss der Abfälle erwartet werden kann, insofern ein, als er innerhalb eines Untersuchungsraums die Gebiete herausfiltert, die auf Basis von Kriterien die beste Bewertung bekommen. Im letzten Prüfschritt werden alle bis dahin für die bestgeeigneten Gebiete gesammelten Informationen noch einmal gesichtet, vervollständigt und bezüglich der Sicherheit und Robustheit bewertet. Die Teile eines Untersuchungsraums, die beim Teilprüfschritt 4a oder 4b schlechter abgeschnitten haben, werden in die Kategorie B eingeordnet: der sichere Einschluss ist erwartbar. Nur die besten Gebiete werden als Kategorie A eingruppiert.

    Wie werden gut geeignete Gebiete zu Standortregionen?

    Nur die Gebiete der Kategorie A werden mit den geowissenschaftlichen Abwägungskriterien (geoWK) ein weiteres Mal überprüft. Eine große Ausdifferenzierung der Gebiete erwartet die BGE in diesem Schritt der Bearbeitung nicht mehr. Denn im Wesentlichen sind die Bewertungsinhalte aus den geoWK bereits im vorhergehenden Bearbeitungsschritt, den rvSU, als Kriterien für die Bewertung verwendet worden. Die geoWK sichern die Ergebnisse der Prüfschritte ab, indem die Kategorisierung mit einer weiteren Methode unabhängig überprüft wird.

    Im Anschluss an die Anwendung der geoWK findet ein Vergleich der dann verbliebenen Gebiete statt, in den alle bis dahin gesammelten Informationen einfließen. Er wird zunächst wirtsgesteinsspezifisch stattfinden. Aber die BGE lässt sich auch die Möglichkeit offen, einen wirtsgesteinsübergreifenden Vergleich vorzunehmen.

    Sind dann immer noch zu viele oder zu große Gebiete in der weiteren Bearbeitung, die unter Sicherheitsaspekten als gleichwertig zu betrachten sind, können die planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien (planWK) zum Einsatz kommen. Mit den planWK können aus zu großen potenziellen Standortregionen realistisch erkundbare Standortregionen gemacht werden, oder aus zu vielen potenziellen Standortregionen werden diejenigen ausgewählt, die die wenigsten Nutzungskonflikte über und unter der Erde haben. Der Einsatz der planWK ist möglich, aber nicht zwingend.

    Am Ende der Bearbeitung steht der Standortregionenvorschlag der BGE. Sollten Gebiete aufgrund der mangelnden Datenlage nicht bewertet werden können, so wird die BGE einen Vorschlag zum Umgang mit diesen vorlegen. Darüberhinaus legt die BGE für die vorgeschlagenen Standortregionen auch Erkundungsprogramme für die übertägige Erkundung in der nächsten Phase vor.

    Der Vorschlag inklusive einer Auswertung der Ergebnisse der Öffentlichkeitsbeteiligung werden dann der Aufsichtsbehörde, dem Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE), zur Prüfung übergeben. Im Anschluss wird das BASE als Beteiligungsbehörde Regionalkonferenzen in den vorgeschlagenen Standortregionen einrichten.

    Links ist eine Deutschlandkarte mit den bunt eingefärbten Teilgebieten zu sehen, die das Ergebnis des Zwischenberichts Teilgebiete darstellt. In der Mitte ist eine Werkzeugkiste zu sehen. Rechts ein Papier mit dem Titel „Standortregionenvorschlag“. Unten ist eine Säge zu sehen, die die repräsentativen vorläufigen Sicherheitsuntersuchungen symbolisiert, das wichtigste Instrument zur Eingrenzung. In der Mitte ist ein Hammer zu sehen, er repräsentiert die geowissenschaftlichen Abwägungskriterien. Rechts ist eine Kneifzange zu sehen, die für die planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien steht.

    Die „Werkzeuge“, mit denen die BGE aus den 90 Teilgebieten wenige Standortregionen für die übertägige Erkundung herausfiltern wird