Asse

BGE gibt Einblicke in erste Ergebnisse der Konsequenzenanalysen für die Asse

Am 8. Mai 2025 stellte die BGE in Schöppenstedt erste Ergebnisse der sogenannten Konsequenzenanalysen vor. Zudem sprach die BGE mit Bürger*innen über die radiologische Bedeutung der verschiedenen Einlagerungskammern für die Rückholungsplanung.

Die Rückholung der radioaktiven Abfälle ist der gesetzliche Auftrag der BGE. Ob die Rückholung technisch machbar ist und ob das Bergwerk der BGE überhaupt noch die notwendige Zeit lässt, ist derzeit nicht sicher vorhersagbar. Am 8. Mai 2025 stellte die BGE den Stand der Rückholungsplanung am Beispiel der 725-Meter-Ebene vor und zeigte erste vorläufige Ergebnisse der sogenannten Konsequenzenanalysen. Mit den Konsequenzenanalysen wird bewertet, welche radiologischen Konsequenzen es hat, wenn die Rückholung aufgrund eines nicht beherrschbaren Lösungszutritts (nbL) abgebrochen werden müsste.

Die Präsentationen zu den einzelnen Vorträgen finden Sie im Bereich wesentliche Unterlagen.

Planungen zur Rückholung auf der Einlagerungskammer 7 auf der 725-Meter-Ebene schreiten voran

Welche Möglichkeiten und Herausforderungen bei der technischen Umsetzung der Rückholung bestehen, erläuterte Dr. Jens-Uwe Schmollack vom TÜV Rheinland. Am Beispiel der Einlagerungskammer 7 auf der 725-Meter-Ebene erläuterte Dr. Schmollack die derzeit geplanten Techniken und die erforderlichen zusätzlichen Einrichtungen unter Tage, die mit erheblichen Streckenauffahrungen im Bergwerk einhergehen. Außerdem stellte Herr Dr. Schmollack die Strahlenbelastung für das eingesetzte Personal vor. Das Team um Dr. Schmollack erwartet bei der Bergung der Abfälle aus dieser Kammer eine Kollektivdosis von rund 120 Millisievert oder 120.000 Mikrosievert. Die Kollektivdosis gibt die Strahlenbelastung an, die für das gesamte eingesetzte Personal über den gesamten Bergungszeitraum anfallen wird. Im Weiteren führen die Tätigkeiten zur Rückholung auch zu neuen Ableitung von radioaktiven Stoffen am Standort der Asse. Die Grenzwerte nach Strahlenschutzgesetz müssen dabei einhalten werden. Die Strahlenbelastung der Bevölkerung wird aber größer sein als die heutigen Ableitungen aus dem Bergwerk. Auf Rückfrage stellte Iris Graffunder, Vorsitzende der Geschäftsführung der BGE, klar: „Wenn wir anfangen, die Abfälle zu bergen, dann setzen wir Radioaktivität frei, das ist auf jeden Fall klar. Und dass das ohne Dosisbelastung von statten geht, das ist nicht der Fall.“

Rückholungsplanung soll radiologisches Inventar der Einlagerungskammern berücksichtigen 

Bereits zu Beginn der Veranstaltung verwies Iris Graffunder auf die radiologische Bedeutung der einzelnen Einlagerungskammern bei der Rückholungsplanung. Iris Graffunder erinnerte daran, dass es zwar rund 126.000 Gebinde in 13 Einlagerungskammern gibt, die radiologische Bedeutung jedoch sehr unterschiedlich ist. So sind in der Einlagerungskammer 8a auf der 511-Meter-Ebene lediglich 1.301 Gebinde eingelagert. Ihr Anteil an der Gesamtaktivität beträgt jedoch mehr als ein Viertel. Im Laufe der Veranstaltung wurde deutlich, dass die Kammer auch im Hinblick auf mögliche Konsequenzen radiologisch bedeutsam ist. Zum Vergleich: Die im Zentralteil liegende Einlagerungskammer 2 auf der 750-Meter-Ebene beinhaltet rund 37.000 Gebinde. Ihr Anteil an der Gesamtaktivität beträgt jedoch nur 1,5 Prozent. Nach der Veranstaltung sagte Iris Graffunder: „Wir wollen uns diese Zahlen genau anschauen und bewerten, wie wir bei der Rückholung vorgehen wollen. Kammern, deren Inventare radiologisch relevanter sind für die Auswirkungen auf die Umwelt, sollten bei der Rückholung priorisiert werden.“

Erste Modellrechnungen lassen niedrige Strahlungswerte erwarten

Dr. Grit Gärtner und Dr. Jonathan Kindlein erläuterten zu Beginn ihres Vortrages die Grundlagen und Annahmen zur Berechnung möglicher Konsequenzen. Basis für die ersten Konsequenzenanalysen ist, dass die Abfälle im Bergwerk verbleiben und die Notfallplanung komplett umgesetzt ist. Die Notfallplanung umfasst unter anderem den Bau von Strömungsbarrieren, die vollständige Verfüllung von Hohlräumen und Einlagerungskammern, Gegenflutung und Schachtverschluss. Tatsächlich ist die Notfallplanung jedoch noch nicht zu 100 Prozent umgesetzt. So sind zum Beispiel erst 60 Prozent der teilweise bis zu 50 Meter langen Strömungsbarrieren errichtet worden, wie Jan Hegemann von der BGE in seinem Vortrag berichtete. Diese Strömungsbarrieren sollen den Austrag von Radionukliden aus den Einlagerungskammern behindern und verzögern. Sie behindern die Durchströmung von Einlagerungsbereichen und lenken den Transport der Radionuklide.

Auch wenn noch viele weitere Berechnungen erforderlich sein werden, lassen die ersten Rechenergebnisse mit den neuen Modellen eine positive Entwicklung im Hinblick auf die Rückhaltung der Radioaktivität im Gebirge bei vollständiger Umsetzung der Notfallplanung erkennen. Für die bisherigen vorläufigen Dosisberechnungen wurden verschiedene Transportverzögerungen angenommen. Das ist die Zeit, welche die Radionuklide benötigen, um aus dem Bergwerk an die Oberfläche zu gelangen. In einem Rechenfall hat die BGE eine Transportverzögerung von 3.300 Jahren angenommen. In diesem Fall, würden die größten Dosiswerte mit errechneten 8 Mikrosievert pro Jahr nach rund 6.600 Jahren erreicht. Zum Vergleich: Die durchschnittliche natürliche Strahlenbelastung in Deutschland beträgt pro Jahr rund 2.100 Mikrosievert. Werden für die Transportverzögerung längere Werte angenommen, sinkt die Dosis aufgrund des radioaktiven Zerfalls. Außerdem hat sich gezeigt, dass der Anteil der Gebinde mit mittelradioaktiven Abfällen an der Gesamtdosis für die Langzeitsicherheit erheblich ist. Nach derzeitigen Modellannahmen beträgt der Anteil mehr als 60 Prozent.

Wie geht es weiter mit den Berechnungen

Nachdem die jetzigen Modelle die vollständige Umsetzung der Notfallplanung voraussetzen, sollen die nächsten Berechnungen der Konsequenzenanalysen unter anderem den aktuellen Stand der Umsetzung der Notfallplanung berücksichtigen und die Wirksamkeit der einzelnen Maßnahmen zeigen. Erste Ergebnisse seien in der zweiten Jahreshälfte zu erwarten, kündigte die BGE an. Die BGE will Klarheit, welche Maßnahmen besonders wichtig sind, wenn bei einem nicht mehr beherrschbaren Lösungszutritt nicht mehr genügend Zeit bleibt, um alle Maßnahmen der Notfallplanung umzusetzen. „Wir müssen uns auf die wirklich wichtigen Maßnahmen konzentrieren, wenn die Zeit knapp werden sollte“, sagte Iris Graffunder.

Berechnungen der Konsequenzenanalysen sind noch kein Nachweis der Langzeitsicherheit

In einer anschließenden Podiumsdiskussion diskutierten Prof. Dr. Clemens Walther (Universität Hannover), Christian Küppers (ehemals Öko-Institut), Iris Graffunder und Dr. Grit Gärtner die vorgestellten Ergebnisse und Planungen und stellten sich den Fragen der rund 80 Gäste in der Eulenspiegelhalle in Schöppenstedt. Herr Prof. Walther und Christian Küppers äußerten sich beide positiv über die vorgestellten Ergebnisse und verbanden dies mit der Annahme, dass die Werte auf Basis solider Berechnungen zu Stande gekommen sind. Christian Küppers ergänzte: „Ich denke, man sieht, dass die Situation nicht hoffnungslos ist und man muss nicht Angst haben, dass hier die große Katastrophe in Zukunft bevorsteht. Wenn jetzt die BGE zum Ergebnis kommt, dass die Langzeitsicherheit für die Asse tatsächlich führbar ist, ist aus meiner Sicht die Rückholung nicht mehr erforderlich, weil ja die Endlagerung in einem anderen Endlager gar nicht mehr zu einer geringeren Dosis führen müsste.“

Iris Graffunder und Dr. Grit Gärtner betonten, dass die Konsequenzenanalysen noch kein Langzeitsicherheitsnachweis sei, der Voraussetzung für eine geordnete Stilllegung unter Verbleib der Abfälle wäre. Dieser stelle noch deutlich höhere Anforderungen in einem dann notwendigen Planfeststellungsverfahren. Bis zum Vorliegen eines ggf. möglichen und belastbaren Langzeitsicherheitsnachweises dauere es noch mehrere Jahre. Die BGE habe aktuell den gesetzlichen Auftrag, die Abfälle zurückzuholen. Jetzt wolle die BGE erst einmal bewerten, welche Bedeutung die einzelnen Einlagerungskammern für die Rückholung und die einzelnen Maßnahmen der Notfallplanung auf die Berechnungen haben und daraus die richtigen Prioritäten ableiten. „Die Rückholung ist die Kür, die Sicherheit für die Region ist die Pflicht“, betonte Iris Graffunder. Jetzt gelte es Antworten auf die Frage finden, welche Maßnahmen unbedingt nötig sind, damit möglichst wenig Radioaktivität in die Biosphäre gelangt. Und dazu müssen alle Randbedingungen auf den Tisch.

Vortragsfolien zu „Asse Aktuell" vom 8. Mai 2025 Strömungsbarrieren - Baustein der Vorsorgemaßnahmen (PDF, nicht barrierefrei 1024 KB) (PDF, 0,98MB)

Vortragsfolien zu „Asse Aktuell“ vom 8. Mai 2025 Rückholungsplanung am Beispiel der Einlagerungskammer 7/725 (PDF, nicht barrierefrei 2 MB)

Vortragsfolien zu „Asse Aktuell“ vom 8. Mai 2025 Einblick in die Konsequenzenanalyse vom 8. Mai 2025 (PDF, nicht barrierefrei 2 MB)

Vortragsfolien zu „Asse Aktuell" vom 8. Mai 2025 Abfallübersicht | Steckbriefe der Einlagerungskammern (PDF, nicht barrierefrei 2 MB)

Aufzeichnung „Asse Aktuell – Rückholung, Notfallplanung, radiologische Belastung“ vom 8. Mai 2025

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Veröffentlicht am: 04. Juni 2025

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